Ivy the Dog |
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Wer ist 'Ivy the Dog'?
Ivy ist ein kleiner, schwarzer Cocker Spaniel. Eine weibliche Schönheit, vor etwa zwei Jahren in der Türkei geboren und zur Zeit auf der Durchreise nach England.
Die Reise aus der Türkei nach England ist für einen Hund allerdings mit vielen Hürden versehen. Das Problem ist nicht so sehr das Flugticket. Wenn man - wie Ivy - ein wohlwollendes Frauchen hat, das die Verhandlungen mit der Fluggesellschaft führt, muss man sich nur noch damit abfinden, die Reise im Frachtraum des Flugzeugs zu absolvieren, während die zweibeinigen Mitflieger ein Stockwerk höher von Stewardessen verköstigt werden.
Die Probleme tauchen auf, wenn man englischen Boden betritt. Als Hund muss man nachweisen, dass man keine Tollwut mitbringt. Kann man diesen Nachweis nicht erbringen, wird man erst einmal ein halbes Jahr (!) in Quarantäne gesteckt. Quarantäne bedeutet in diesem Fall Einzelhaft ohne Hofgang und sehr eingeschränkte Besuchsmöglichkeiten. Das sollte man mal mit einem Menschen machen!
Der Nachweis, den die Engländer akzeptieren, sieht so aus: Man lässt sich mehrmals in festgelegten Abständen gegen Tollwut impfen und einen Monat nach der letzten Impfung vom Tierarzt bestätigen, dass Antikörper gegen Tollwut vorhanden sind. Die letzte Impfung, der Bluttest und die Bestätigung dürfen nur innerhalb eines EU-Staates stattfinden. Sechs Monate später steht der Einreise nach England nichts mehr im Wege.
Die Engländer sind sorgfältig bemüht, sich vor Krankheiten zu schützen, die es bei ihnen nicht gibt. Die Sorge ist gerechtfertigt. Was alles mit Krankheiten passieren kann, die sie bereits auf ihrer Insel haben, ließ sich in den letzten Jahren - im wesentlichen an ihrem Vieh - beobachten.
Da man als Hund ja nicht für eine weitere nationale Katastrophe verantwortlich sein will, nimmt man die verlangten Unannehmlichkeiten gern in Kauf. So kommt es, dass Ivy zur Zeit in Deutschland lebt.
November 2000
Wie fühlt sich Ivy in Deutschland?
Ein wesentlicher Unterschied ist die Temperatur. In Deutschland ist es ganz schön kalt. Einen Hund stört das allerdings nicht besonders. Dafür hat man ein warmes Fell, anders als die Menschen. Es ist schon köstlich zu beobachten, wie die Menschen sich vor dem Spazierengehen immer erst einpacken, um nicht zu frieren. Fast so, als wollen sie auf eine Expedition. Auf jeden Fall ganz schön umständlich.
Während der Spaziergänge wird man an eine Leine gebunden, das andere Ende halten die Menschen dann in der Hand. Damit lässt sich ganz gut sicherstellen, dass sie sich nicht verlaufen und am Ende des Spaziergangs wieder nach Hause finden.
Besonders intelligent sind die Menschen wirklich nicht. Manchmal werfen sie ein Stück Holz weg. Als Hund kann man das nicht so ohne weiteres akzeptieren und bringt den Stock schnellstmöglich zurück. Umgehend werfen sie den Stock wieder weg und bekommen ihn natürlich postwendend zurück. Es dauert oft ziemlich lange, bis sie begriffen haben, dass sie den Stock auf diese Weise nicht los werden und damit aufhören.
Die Menschen haben auch sonst einige Eigenarten.
Manchmal halten sie eine Leckerei versteckt in der Hand
und sagen 'Sitz', 'Platz' oder 'gib Pfote'.
Alle drei Dinge lassen sich nacheinander locker in einer knappen Sekunde
erledigen. Das richtige war dann auf jeden Fall dabei.
Was macht man nicht alles, um an so eine Leckerei zu kommen!
Dezember 2000
Was hat sich mit Ivy's Anwesenheit verändert?
Eine ganze Menge, zum Beispiel befindet sich am Gartentor ein kleines Schild:
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Das Portrait darauf hat nun nicht das Geringste mit Ivy zu tun. Außerdem hat kann Ivy keinem etwas zuleide tun. Wozu dann das Schild? Nun ja, vielleicht lässt sich dadurch der eine oder andere unerwünschte Besucher im Zweifel dazu bewegen, lieber doch ein anderes Anwesen heimzusuchen.
Ivy bemüht sich jedenfalls,
im Rahmen ihrer Möglichkeiten diesen Eindruck zu unterstützen.
Sie entwickelt inzwischen ein verblüffend tiefes Knurren,
wenn sie ungewöhnliche Geräusche im Haus wahrnimmt.
Der akustische Eindruck ist damit schon recht überzeugend,
verfliegt allerdings umgehend,
sobald man Ivy zu Gesicht bekommt.
Januar 2001
Versteht Ivy eigentlich menschliche Sprache?
Die Antwort könnte von Radio Eriwan kommen: Im Prinzip ja. Es ist erstaunlich, wie umgehend Ivy reagiert, wenn sie etwas tun soll, was sie auch möchte. Ähnlich prompt sind die Reaktionen, wenn es eine Leckerei zu verdienen gibt.
Nur, wenn sie nicht so recht möchte, sinkt ihr Spachverständnis auf ein absolutes Minimum. Dazu ein Blick, dem man die Worte 'ich leider nicht verstehen' ansehen kann. Eigentlich hat sie ja auch recht. Jeder wird doch wohl wissen, dass Hunde keine menschliche Sprache verstehen.
Wenn dann wieder die präzisen Reaktionen sieht,
wenn Ivy gut drauf ist, beschleicht einen das Gefühl,
dass so ein kleiner Hund recht gut in der Lage ist,
sein Verhältnis mit den Menschen in seinem Sinne zu optimieren.
Zumindest genauso gut,
wie die Menschen dies ihrerseits mit dem Hund versuchen.
Februar 2001
Die andere Welt der Hunde
Sprache und andere Geräusche sind bei weitem nicht die einzigen Wahrnehmungen, die einem Hund zur Verfügung stehen. Neben Augen und Ohren haben Hunde eine äußerst feine Nase. Damit eröffnet sich diesen Tieren eine Welt, die sich die Menschen wahrscheinlich nicht einmal vorstellen können.
Letztens war einmal eine kleine Wüstenspringmaus aus ihrem Käfig entkommen. Sie war anschließend nicht mehr zu finden - von den Menschen. Für einen Hund ist so etwas eine Kleinigkeit. Zwei- bis dreimal schnuppern und die Maus war lokalisiert. Sich davor stellen, damit die Maus nicht entkommen konnte und warten, bis sie eingefangen war, gehörte dann nur noch zum Service an den Menschen.
Auf weniger Verständnis ist Ivy dagegen gestoßen,
als sie sich kürzlich genüsslich in einem wunderbar duftenden Haufen wälzte,
den sie bei einem Spaziergang entdeckt hatte.
Eine ganze Kanonade unflätiger Begriffe musste sie anschließend über sich ergehen lassen.
Wieder zurück zu Hause wurde Ivy umgehend in die Badewanne befördert
und gründlich abgeduscht.
Die Gesichter der Menschen waren eigenartig verzerrt bei dieser Aktion.
Das Wort Dekontamination wurde benutzt.
Manchmal hat man es als Hund schon schwer,
die Reaktionen der Menschen zu verstehen.
März 2001
Ivy's Verhältnis zu anderen Tieren
Ivy hat unterschiedliche Verhältnisse zu verschiedenen Tieren. Andere Hunde werden zunächst als mögliche Spielkameraden gesehen. Manchmal erfüllt sich die Hoffnung und es kommt zu furiosen Fangspielen, in denen sich die ganze übermäßige Energie von jungen Hunden zeigt.
Kleine Mitbewohner im Haus, wie zum Beispiel die Wüstenspringmaus werden hin und wieder mit einem wohlwollenden Interesse versehen, meist aber ignoriert. Bei vielen anderen Tieren dagegen hat sich herausgestellt, dass sie überstürzt flüchten, wenn man sich ihnen als ein kleiner schwarzer Hund nähert. Katzen vertreibt Ivy auf diese Weise umgehend vom Grundstück.
Schon lange, bevor eine Katze zu sehen ist, gibt es in der ganzen Umgebung Unruhe bei den Vögeln. Wenig später taucht meistens irgendwo die Katze auf. Das ist dann genau der Moment, auf den Ivy gewartet hat. Es scheint ein großer Spaß zu sein, die Katze rennen zu sehen. Die Vögel schätzen diese Hilfe offensichtlich, ihre Aufregung legt sich jedenfalls umgehend, sobald der Störenfried verschwunden ist.
April 2001
Der große Schreck
Vor einigen Tagen begegnete Ivy auf einem Spaziergang einer Erdkröte, die sich zunächst einige Zeit regungslos beschnuppern ließ. Eine recht beschauliche Szene, die dann mit einem jähen Schreck endete, als sich die Erdkröte mit einem Sprung in Sicherheit brachte. Ivy's Reaktion: ein riesiger Satz in die andere Richtung. Zwar ein Schreck, aber gar nichts im Vergleich zu ihrem Erlebnis am 1. Mai, einem wunderschönen, milden Frühlingsabend.
Man hat ja schon allerlei gehört, in orientalischen Erzählungen beispielsweise. Unter anderem von fürchterlichen, feuerspeienden und hundefressenden Drachen. So richtig glaubwürdig war das aber nie, viel zu unrealistisch und übertrieben. Um so größer war das Entsetzen, als sich diese Geschichten mitten in Deutschland als Realität erwiesen.
Sie kamen gleich zu zweit. Die beiden Drachen tauchten ganz friedfertig und harmlos über einem weit entfernten Waldrand auf. Eigentlich zunächst nicht weiter beunruhigend. Ihre Anwesenheit am Horizont bewirkte allerdings, dass Ivy sie bei ihrem Spaziergang nicht mehr aus den Augen ließ. Das war auch dringend nötig. Die Bestien kamen nämlich langsam näher. Immer näher und direkt auf Ivy zu. Allein schon ihre schiere Größe war unvorstellbar. Die Abendsonne verdunkelte sich durch die riesigen Ungeheuer. Als sie sich dann feuerspeiend und schrecklich fauchend auf Ivy stürzten, gab es kein Halten mehr. Mit knapper Not entkam Ivy den beiden monströsen Kreaturen. Nach etwa einem Kilometer Höchstgeschwindigkeit war sie endlich in Sicherheit. Als Hund ist man doch erheblich flinker als so ein riesiger Drachen.
Etwa eine Viertelstunde später tauchten dann auch wieder die Menschen bei Ivy auf. Sie waren den Ungeheuern ebenfalls unverletzt entkommen. Eigentlich ein Wunder bei ihrer unbekümmerten Naivität. Selbst nachdem sie der Gefahr entronnen waren, lachten sie noch. Sie erzählten irgendetwas von zwei Heißluftballonen, die sich das große, freie Feld zur Landung ausgesucht hatten.
Mai 2001
Der letzte Teil der Reise
Jetzt ist es endlich so weit. Der Einreise nach England steht nichts mehr im Wege. Alle notwendigen Formalitäten sind erledigt. Eine Menge Korrespondenz mit den englischen Behörden war notwendig. Da fühlt man sich schon als etwas ganz Besonderes. Es kommt anscheinend nicht allzu oft vor, dass ein Hund so aus der Türkei nach England reist.
Die Reiseroute:
Juni 2001